Nadezhda Tolokonnikova - written with toothpaste? NO PASARÁN!

Nadezhda Tolokonnikova – written with toothpaste? NO PASARÁN!

„Ich erkenne meine Schuld nicht an und ich werde sie auch niemals anerkennen.“ Nadezhda Tolokonnikova bleibt sich selbst und ihren Symbolen treu. Es sieht fast so aus als hätte sie NO PASARÁN! selbst mit den Fingern aufs Shirt gemalt. Womit? mit Zahnpaste vielleicht – jedenfalls eine: „Ich lass mich nicht unterkriegen!“ Botschaft. Das Foto zeigt sie im Juli 2013 beim Antrag auf vorzeitige Entlassung, der vom Gericht abgelehnt worden war.  Ihre Standhaftigkeit scheint die Verantwortlichen von Straflager IK-14 veranlasst zu haben sie zunehmend brutaler zu behandeln. Um dagegen zu protestieren trat sie am 23.09.2013 in einen Hungerstreik. Nadezhda Tolokonnikova begründet dies in einem offenen Brief:

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Warum ich in den Hungerstreik getreten bin
Beginnend am Montag, den 23. September 2013, trete ich in den Hungerstreik. Es ist eine extreme Maßnahme, aber ich bin überzeugt, dass es keinen anderen Ausweg aus meiner aktuellen Situation gibt. Die Leitung meiner Strafkolonie lässt nicht zu, dass ich angehört werde. Ich wiederum weigere mich, meine Forderungen zurückzuziehen. Ich werde nicht schweigen, und schicksalsergeben mitansehen, wie meine Mitinsassinnen unter Bedingungen zusammenbrechen, die mit Sklaverei zu vergleichen sind. Ich fordere, dass die Verwaltung die Menschenrechte respektiert. Ich fordere, dass im Arbeitslager in Mordwinien die Gesetze eingehalten werden. Ich fordere, dass wir wie Menschen behandelt werden, nicht wie Sklaven.

Ein Jahr ist vergangen, seit ich in der Strafkolonie No. 14 in der Ortschaft Parza in Mordwinien angekommen bin. Unter Häftlingen heißt es in Russland: „Wer nie in Mordwinien eingesessen hat, hat nie eingesessen.“ Ich hatte von den Strafkolonien in Mordwinien gehört, als ich noch in der Untersuchungshaft in Moskau saß. Dass dort die Sicherheitsstandard am höchsten sind, die Arbeitstage am längsten und die Menschenrechtsverletzungen am drastischsten. Wenn man nach Mordwinien geschickt wird, ist das als werde man zum Schafott geschickt. Bis zum letzten Moment war da die Hoffnung: „Vielleicht schicken sie dich ja doch nicht nach Mordwinien? Vielleicht kommst du davon?“ Aber so kam es nicht, und im Herbst 2012 betrat ich das Straflager am Ufer der Parza.

In Mordwinien empfing mich der stellvertretende Leiter des Lagers, Oberstleutnant Kupriyanow, der das Lager de facto verwaltet, mit den Worten: „Sie sollten wissen: In politischen Fragen bin ich Stalinist.“ Der andere Verwalter, Oberst Kulagin, rief mich am ersten Tag zu sich, um mir ein Schuldeingeständnis abzuzwingen: „Ein Unglück ist über Sie gekommen. Ist es nicht so? Sie sind zu zwei Jahren in diesem Lager verurteilt worden. Menschen ändern in der Regel ihre Meinung, wenn ihnen etwas Schlechtes widerfährt. Wenn sie so bald wie möglich auf Bewährung entlassen werden möchten, dann sollten sie sich schuldig bekennen. Wenn nicht, wird es keine Bewährung geben.“ Ich erklärte ihm unumwunden, dass ich nicht länger als acht Stunden am Tag arbeiten werde, wie es das Arbeitsrecht vorschreibt. „Das Gesetz ist eine Sache – was zählt, ist, ob Sie Ihre Quote erfüllen. Wenn nicht, machen Sie Überstunden. Sie sollten wissen, dass wir schon Menschen mit stärkerem Willen gebrochen haben, als Sie!“, war Kulagins Antwort.

Meine Einheit in der Näherei arbeitet 16 bis 17 Stunden am Tag. Von 7.30 Uhr in der Früh bis 0.30 Uhr in der Nacht. Bestenfalls schlafen wir vier Stunden pro Nacht. Alle eineinhalb Monate haben wir einen freien Tag. Wir arbeiten so gut wie jeden Sonntag. Insassinnen reichen Anträge ein, dass sie „auf eigenen Wunsch“ am Wochenende arbeiten möchten. In der Realität kann man wahrlich nicht von einem Wunsch sprechen. Die Anträge werden auf Anordnung der Verwaltung geschrieben – und unter dem Druck von Mitinsassinnen, die ihr bei der Durchsetzung behilflich sind.

Niemand wagt es, sich dem zu widersetzen und keinen Antrag einzureichen. Das bedeutet, wir arbeiten am Sonntag bis ein Uhr morgens. Einmal bat eine 50-jährige Frau um acht Uhr abends darum, sich in den Wohntrakt zurückzuziehen. Sie fühlte sich krank; sie litt unter Bluthochdruck. Die Reaktion darauf war eine Versammlung der Einheit, bei der die Frau niedergemacht, beleidigt und gedemütigt wurde. Sie brandmarkten sie als Schmarotzerin. „Glaubst du, du bist die einzige, die mehr Schlaf will? Du musst härter Arbeiten, du Kuh!“ Wenn jemand mit einem ärztlichen Attest der Arbeit fern bleibt, wird er ebenfalls schikaniert. „Ich habe mit 40 Grad Fieber gearbeitet, und das ging gut. Was glaubst du denn – wer wird deinen Anteil übernehmen müssen?“

Als ich am ersten Tag den Wohntrakt des Lagers betrat, empfing mich eine Mitinsassin, deren neunjährige Haft dem Ende zuging, mit den Worten: „Die Schweine haben Angst, dich selber anzufassen. Sie wollen sich dafür der anderern Insassinnen bedienen.“ Es ist Aufgabe der Vorarbeiterinnen der Brigaden und der Frauen, die schon länger einsitzen, die anderen zu schikanieren, ihre Rechte zu missachten und sie in stumme Sklaven zu verwandeln – auf Anordnung der Gefängnisverwaltung.

Um die Disziplin und den Gehorsam aufrecht zu erhalten, besteht ein inoffizielles Strafsystem, das sehr weit ausgelegt wird. Inhaftierte werden gezwungen, „in den Lokalka (den abgezäunten Durchgängen zwischen zwei Bereichen des Lagers) zu stehen, bis die Lichter ausgeschaltet werden“ (das heißt, es ist ihnen verboten in die Baracken zu gehen – egal ob es Herbst oder Winter ist. In der zweiten Einheit, die aus Häftlingen mit Behinderungen und Alten besteht, bekam eine Frau nach einem Tag in der Lokalka so schlimme Erfrierungen, dass ihre Finger und ein Fuß amputiert werden mussten). Sie „verlieren ihre Hygiene-Privilegien“ (das heißt, die Gefangene darf sich nicht waschen oder zur Toilette gehen); oder ihre „Einkaufs- und Teestuben-Privilegien“ (sie darf kein eigenes Essen mehr zu sich nehmen und keine Getränke).

Wenn die Inhaftierte an nichts anderes mehr denken kann, als an Schlaf oder einen Schluck Tee, wird sie gequält und schmutzig, wie sie ist, in den Händen der Lagerleitung gefügig wie Wachs. Für die Verwalter sind wir nichts anderes als kostenlose Sklavenarbeiter. Im Juni 2013 betrug mein Gehalt 29 Rubel (67 Cent) im Monat. Unsere Brigade näht 150 Polizeiuniformen am Tag. Wohin fließt das Geld, das die Verwaltung dafür erhält?

Das Lager hat einige Male Gelder für neue Ausrüstung zugeteilt bekommen. Die Verwaltung hat sich jedoch darauf beschränkt, die Nähmaschinen von den Häftlingen neu streichen zu lassen. Wir nähen mit Maschinen, die technisch am Ende sind. Laut Arbeitsrecht müssen die Produktionsquoten gesenkt werden, wenn die Ausrüstung nicht den aktuellen Industrienormen entspricht. Stattdessen wird das Pensum angehoben, plötzlich und aus dem Nichts. „Wenn sie sehen, dass du 100 Uniformen liefern kannst, heben sie die Quote auf 120!“ erklärte mir eine erfahrene Näherin. Nicht zu liefern ist keine Option, denn dann wird die ganze Abteilung bestraft. Die Strafe kann zum Beispiel darin bestehen, dass alle gezwungen werden, stundenlang im Hof zu stehen. Niemand darf auf die Toilette. Niemand bekommt einen Schluck Wasser.

Vor zwei Wochen wurden die Produktionsquoten für alle Brigaden willkürlich um jeweils 50 Stück erhöht. Wenn das Minimum vorher 100 betrug, waren es nun 150. Laut Gesetz müssen Arbeiter mindestens zwei Monate vor Änderung einer Produktionsquote informiert werden. Wir mussten eines morgens feststellen, dass wir eine neue Quote erfüllen müssen, weil es der Verwaltung unseres „Sweatshops“ (so nennen die Häftlinge das Lager) eben in den Sinn kam. Die Anzahl der Häftlinge ist gesunken (einige sind entlassen oder verlegt worden), aber die Quoten steigen. Die Zurückgebliebenen müssen immer härter arbeiten. Die Mechaniker sagen, dass ihnen die nötigen Teile fehlen, um die Maschinen zu reparieren, und dass sie sie auch nicht bekommen werden. „Es gibt keine Teile! Wann sie kommen? Machst du Witze? Wir sind hier in Russland. Warum fragst du überhaupt?“

Während der ersten Monate in der Näherei wurde ich aus der Not heraus quasi zur Mechanikerin. Ich warf mich auf die Maschine, den Schraubenzieher in der Hand, und versuchte verzweifelt, sie zu reparieren. Deine Hände sind von Nadelstichen übersät, das Blut ist auf der ganzen Werkbank, aber du nähst weiter. Du bist Teil des Fließbands, und du musst deine Arbeit so gut erledigen wie eine erfahrene Näherin. Und dann macht die Maschine schlapp. Weil du neu bist und es zu wenige funktionierende Maschinen gibt, kriegst du die schlechteste – der schwächste Motor in der ganzen Linie. Und dann ist sie schon wieder kaputt, und wieder, du rennst und suchst den Mechaniker, aber es ist unmöglich, ihn zu finden. Sie schreien dich an, weil du die Produktion verlangsamst. Nähunterricht gibt es nicht. Neuankömmlinge werden vor ihre Maschine gesetzt und bekommen ihre Aufgabe.

„Wenn du nicht die Tolokonnikowa wärst, hätten sie schon lange die Scheiße aus dir heraus geprügelt“, sagen Mitinsassinnen, die der Verwaltung nahe stehen. Es ist wahr: Andere werden geschlagen. Weil sie es nicht schaffen, das Pensum zu erfüllen. Sie werden in die Nieren und ins Gesicht geboxt. Die Gefangenen führen diese Schläge aus, aber kein einziger erfolgt ohne die Zustimmung und das vollständige Wissen der Verwaltung. Vor einem Jahr, damals war ich noch nicht hier, wurde eine Sinti-Frau in der dritten Einheit zu Tode geschlagen (die dritte Einheit ist eine „Druckeinheit“, die Gefangenen dort werden täglich geschlagen). Die Frau starb in der medizinischen Einheit der Strafkolonie 14. Der Verwaltung gelang es, ihren Tod zu vertuschen. Offiziell starb sie an einem Schlaganfall.

In einer anderen Einheit wurden neue Näherinnen, die das Pensum nicht schafften, gezwungen, sich auszuziehen und nackt zu arbeiten. Niemand wagt es, sich gegenüber der Verwaltung zu beschweren. Denn die wird nur lächeln und die Gefangene in ihre Einheit zurückschicken. Dort wird die „Verräterin“ dann auf Befehl der gleichen Verwaltung zusammengeschlagen. Für die Verwaltung der Kolonie ist kontrollierte Schikane eine zweckmäßige Methode, die Häftlinge zu zwingen, sich dem systematischen Missbrauch von Menschenrechten vollkommen zu unterwerfen.

In der Arbeitszone ist die Atmosphäre bedrohlich und angsterfüllt. Die Insassinnen, die unter ewigem Schlafmangel und den unmenschlich hohen Produktionsquoten leiden, sind ständig am Rande des Zusammenbruchs, sie schreien einander an, streiten um die kleinsten Dinge. Erst vor kurzem wurde einer Frau eine Schere in den Kopf gestochen, weil sie eine Hose nicht rechtzeitig abgeliefert hatte. Eine andere versuchte, sich den eigenen Bauch mit einer Metallsäge aufzuschneiden. Sie haben sie aufgehalten.

Diejenigen, die im Jahr 2010, dem Jahr der Großbrände, des Feuers und des Rauchs, in der Strafkolonie 14 waren, berichten, dass sie selbst dann noch in die Arbeitszone gehen und ihre Quoten erfüllen mussten, als die Feuer auf die Mauern der Kolonie zukamen. Wegen des Rauchs konnte man keine zwei Meter weit sehen, dennoch gingen sie alle zur Arbeit. Ihre Gesichter schützten sie dabei mit nassen Taschentüchern. Wegen der Sicherheitslage durften sie nicht zum Essen in die Cafeteria gehen. Mehrere Frauen haben mir erzählt, sie seien so furchtbar hungrig gewesen, dass sie begonnen hätten, Tagebuch zu schreiben, um die Gräuel zu dokumentieren. Als die Feuer endlich gelöscht waren, durchsuchten die Sicherheitskräfte das Lager gründlich nach diesen Tagebüchern. Keines sollte nach draußen gelangen.

Die Hygiene- und Wohnbedingungen im Lager sind so ausgelegt, dass die Gefangenen sich wie schmutzige, rechtlose Tiere fühlen. In den Schlafsälen gibt es „Hygieneräume“. Es gibt aber auch einen „allgemeinen Hygieneraum“. Er dient der Erziehung und Bestrafung. Fünf Menschen passen in diesen Raum hinein, trotzdem müssen alle 800 Insassinnen der Kolonie sich dort waschen. In den Hygieneräumen in unseren Baracken waschen wir uns nicht – das wäre zu einfach. Im ewigen Gedränge des „allgemeinen Hygieneraums“ versuchen die Frauen sich aneinandergequetscht mit kleinen Bottichen so schnell wie möglich zu säubern. Einmal in der Woche dürfen wir unsere Haare waschen. Doch selbst dieser Badetag fällt immer wieder aus. Eine Pumpe geht kaputt oder die Rohre verstopfen. Bisweilen konnte meine Einheit schon zwei bis drei Wochen nicht baden.

Wenn die Rohrleitungen verstopfen, spritzt das Urin, Fäkalienklumpen fliegen aus den Hygieneräumen. Wir haben gelernt, die Rohre selbst frei zu machen, unsere Erfolge sind aber nur von kurzer Dauer – kurz darauf sind sie wieder verstopft. Werkzeuge um sie zu reinigen gibt es in der Kolonie nicht. Einmal in der Woche können wir unsere Wäsche waschen. Der Waschraum ist klein, aus drei Wasserhähnen rinnt schwach kaltes Wasser.

Eine Erziehungsmaßnahme soll offensichtlich auch sein, dass die Gefangenen nur altes Brot, stark verdünnte Milch, vom Pilz befallene Hirse und verfaulte Kartoffeln erhalten. Diesen Sommer wurden massenhaft Säcke mit schleimigen, schwarzen Kartoffeln in die Kolonie gebracht. Wir bekamen sie dann zu essen.

Die Zahl der Verstöße gegen die gesetzlich vorgeschriebenen Lebens- und Arbeitsbedingungen in der Strafkolonie 14 ist endlos. Meine größte und wichtigste Klage jedoch ist diese: Die Verwaltung verhindert mit den allerhärtesten Mitteln, dass irgendeine Beschwerde oder Forderung bezüglich der Bedingungen in der Strafkolonie 14 nach außen dringen kann. Die Verwaltung zwingt die Menschen zu schweigen. Sie scheut nicht, sich zu den allerniedrigsten und grausamsten Mitteln herabzulassen, um dieses Ziel zu erreichen. Alle anderen Probleme gehen auf dieses zurück – die Quotenerhöhungen, der 16-Stunden-Arbeitstag, etc. Die Verwaltung fühlt sich unantastbar; rücksichtslos unterdrückt sie die Insassinnen mit immer größerer Härte.

Ich konnte nicht verstehen, warum alle still hielten – bis ich mich selbst mit der Lawine der Hindernisse konfrontiert sah, die auf Gefangene herabgelassen wird, die sich entscheiden, etwas zu sagen. Beschwerden verlassen das Gefängnis einfach nicht. Eine Chance, sich zu beschweren hat man nur über einen Anwalt oder Verwandte. Die Verwaltung, kleinlich und rachsüchtig, nutzt derweil gegenüber der Insassin alle ihr zur Verfügung stehenden Druckmittel. Die Frau soll einsehen, dass ihre Beanstandung niemandem helfen und alles nur noch schlimmer machen wird. Dazu dienen ihr etwa Kollektivstrafen: Wenn man sich beklagt, dass es kein heißes Wasser gibt, schalten sie das Wasser komplett ab.

Im Mai 2013 reichte mein Anwalt Dimitri Dinze bei der Staatsanwaltschaft eine Beschwerde über die Bedingungen in der Strafkolonie 14 ein. Oberstleutnant Kupriyanow sorgte sofort dafür, dass die Bedingungen im Lager unerträglich wurden. Eine Durchsuchung nach der anderen, über meine Bekannten wurde eine Flut von Berichten verfasst, warme Kleidung wurde konfisziert, die Konfiszierung warmen Schuhwerks angedroht. Bei der Arbeit rächten sie sich mit komplizierten Nähanweisungen, Quotensteigerungen und fabrizierten Störungen. Die Vorsteherinnen der Nachbareinheit, die Oberstleutnant Kupriyanows rechte Hand sind, riefen die Insassinnen offen dazu auf, meine Arbeitsergebnisse zu manipulieren, damit ich wegen der „Beschädigung von Regierungseigentum“ in die Strafzelle verlegt werden könne. Außerdem wiesen sie die anderen Inhaftierten an, Streits mit mir zu provozieren.

Solange man nur selbst betroffen ist, kann man alles ertragen. Die Methode der Kollektivbestrafung geht aber über einen selbst hinaus. Sie bedeutet, dass die ganze Einheit, oder gar die ganze Kolonie, die Strafe mit einem ertragen muss. Auch – das ist am Schlimmsten – Menschen, die einem ans Herz gewachsen sind. Einer meiner Freundinnen wurde die Bewährung verwehrt, auf die sie sieben Jahre lang gewartet hatte, für die sie hart gearbeitet und ihre Arbeitsquoten übererfüllt hatte. Sie wurde gemaßregelt, weil sie mit mir Tee getrunken hatte. Am gleichen Tag verlegte Oberstleutnant Kupriyanow sie in eine andere Einheit.

Eine andere enge Bekannte, eine äußerst gebildete Frau, wurde in die „Stresseinheit“ verlegt, in der täglich geschlagen wird. Wir hatten gemeinsam ein Dokument des Justizministeriums gelesen und diskutiert, dessen Titel lautete: „Regularien für die Verhaltensregeln in Justizvollzugsanstalten“. Über jeden, der mit mir sprach, wurden Berichte angefertigt. Es tat mir weh, dass Menschen, die ich gern hatte, leiden mussten. Grinsend sagte Oberstleutnant Kupriyanow dann zu mir: „Viele Freundinnen hast du wahrscheinlich nicht mehr!“ Und er erklärte mir, das alles geschehe wegen Dinzes Beschwerde.

Nun ist mir klar, dass ich schon im Mai, als ich mich erstmals in dieser Situation befand, in den Hungerstreik hätte treten sollen. Der enorme Druck, den die Verwaltung wegen meines Handelns auf meine Mitinsassinnen ausübte, brachte mich aber dazu, keine weiteren Beschwerden über die Bedingungen in der Kolonie einzureichen.

Vor gut drei Wochen, am 30. August, bat ich Oberstleutnant Kupriyanow, den Gefangenen in meiner Brigade acht Stunden Schlaf zuzugestehen. Wir sprachen darüber, den Arbeitstag von 16 auf zwölf Stunden zu verkürzen. „Schön, ab Montag wird die Brigade immer nur acht Stunden am Stück arbeiten“, sagte er. Ich wusste, dass es sich dabei um eine weitere Falle handelte. Es ist physisch unmöglich, die erhöhten Quoten in acht Stunden zu erfüllen. Die Brigade wird zu wenig Zeit haben, die Folge werden Strafen sein. „Falls jemand herausfindet, dass du hinter der Sache steckst, wirst du dich nie wieder beschweren“, sagte der Oberstleutnant dann. „Im Jenseits gibt es keinen Grund zur Beschwerde.“ Nach einer kleinen Pause sagte er dann. „Eins noch: Fordere nie etwas für andere. Bitte nur für dich selbst. Ich arbeite seit vielen Jahren in den Lagern. Wer zu mir kommt und mich für andere um etwas bittet, geht aus meinem Büro direkt in die Strafzelle. Du bist die erste, der das nicht passiert.“

In den darauf folgenden Wochen wurde das Leben in meiner Einheit und in meiner Arbeitsbrigade unerträglich. Gefangene mit engen Verbindungen zur Verwaltung stiften die anderen an, es mir heimzuzahlen: „Euch sind Tee und Essen verboten, ihr dürft keine Toilettenpausen einlegen und eine Woche lang nicht rauchen. Ihr werdet immer wieder bestraft werden, wenn ihr nicht anfangt, euch anders gegenüber den Neuen zu verhalten – besonders gegenüber Tolokonnikowa. Behandelt sie so, wie die alten Inhaftierten euch behandelt haben. Wurdet ihr geschlagen? Natürlich wurdet ihr das. Setzt ihnen zu – ihr werdet nicht bestraft werden.“

Immer und immer wieder versuchen sie, mich dazu zu kriegen, mich zu streiten. Aber warum mit Menschen streiten, die nicht für sich selbst verantwortlich sind, sondern bloß auf Anordnung der Verwaltung handeln?

Die Gefangenen in Mordwinien fürchten sich vor ihrem eigenen Schatten. Sie sind vollkommen verängstigt. Gestern erst standen sie einem noch wohlgesonnen gegenüber und bettelten: „Tu etwas gegen den 16-Stunden-Tag!“. Doch seit die Verwaltung angefangen hat, gegen mich vorzugehen, haben sie sogar Angst davor, mit mir zu reden.

Ich habe mich mit einem Vorschlag zur Lösung des Konflikts an die Verwaltung gewandt. Ich habe darum gebeten, vom Druck befreit zu werden, der auf ihre Anordnung von den Gefangenen ausgeübt wird, die von ihr kontrolliert werden; ich habe darum gebeten, dass sie der Sklavenarbeit in der Kolonie ein Ende macht, indem sie die Länge des Arbeitstages kürzt und die Quoten auf ein Maß senkt, das sich in Übereinstimmung mit dem Arbeitsrecht befindet. Der Druck ist nur größer geworden. Deshalb trete ich beginnend mit dem 23. September in den Hungerstreik und weigere mich, an der Sklavenarbeit in der Kolonie teilzunehmen. Ich werde dies tun, bis die Verwaltung beginnt, sich an das Gesetz zu halten und aufhört, die inhaftierten Frauen wie Vieh zu behandeln, dass aus der Geltungssphäre der Justiz ausgestoßen wurde, um die Produktion der Textilindustrie zu erhöhen. Bis sie anfangen, uns wie Menschen zu behandeln.
Quelle: http://www.freitag.de/autoren/der-freitag/warum-ich-in-den-hungerstreik-getreten-bin

English
Pussy Riot’s Nadezhda Tolokonnikova: Why I have gone on hunger strike
Beginning Monday, 23 September, I am going on hunger strike. This is an extreme method, but I am convinced that it is my only way out of my current situation.

The penal colony administration refuses to hear me. But I, in turn, refuse to back down from my demands. I will not remain silent, resigned to watch as my fellow prisoners collapse under the strain of slavery-like conditions. I demand that the colony administration respect human rights; I demand that the Mordovia camp function in accordance with the law. I demand that we be treated like human beings, not slaves.

It has been a year since I arrived at Penal Colony No 14 in the Mordovian village of Parts. As the prisoner saying goes: „Those who never did time in Mordovia never did time at all.“ I started hearing about Mordovian prison colonies while I was still being held at Pre-Trial Detention Centre No 6 in Moscow. They have the highest levels of security, the longest workdays, and the most flagrant rights violation. When they send you off to Mordovia, it is as though you’re headed to the scaffold. Until the very last moment, they keep hoping: „Perhaps they won’t send you to Mordovia after all? Maybe it will blow over?“ Nothing blew over, and in the autumn of 2012, I arrived at the camp on the banks of the Partsa River.

Mordovia greeted me with the words of the deputy chief of the penal colony, Lieutenant Colonel Kupriyanov, who is the de facto head administrator of our colony. „You should know that when it comes to politics, I am a Stalinist.“ Colonel Kulagin, the other head administrator – the colony is run in tandem – called me in for a conversation on my first day here with the objective to force me to confess my guilt. „A misfortune has befallen you. Isn’t that so? You’ve been sentenced to two years in the colony. People usually change their minds when bad things happen to them. If you want to be paroled as soon as possible, you have to confess your guilt. If you don’t, you won’t get parole.“ I told him right away that I would only work the 8 hours a day required by the labour code. „The code is one thing – what really matters is fulfilling your quota. If you don’t, you work overtime. You should know that we have broken stronger wills than yours!“ was Kulagin’s response.

My brigade in the sewing shop works 16 to 17 hours a day. From 7.30am to 12.30am. At best, we get four hours of sleep a night. We have a day off once every month and a half. We work almost every Sunday. Prisoners submit petitions to work on weekends „out of [their] own desire“. In actuality, there is, of course, no desire to speak of. These petitions are written on the orders of the administration and under pressure from the prisoners that help enforce it.

No one dares to disobey these orders and not submit such petitions regarding entering the work zone on Sunday, which means working until 1 am. Once, a 50-year-old woman asked to go back to the residential zone at 8pm instead of 12.30am so she could go to bed at 10 pm and get eight hours of sleep just once a week. She was feeling ill; she had high blood pressure. In response, they held a unit meeting in order to take the woman down, insult and humiliate her, branding her a parasite. „What, do you think you’re the only one who wants more sleep? You need to work harder, you cow!“ When someone from the brigade doesn’t come to work on doctor’s orders, they’re bullied as well. „I worked when I had a fever of 40C and it was fine. What are you thinking – who is going to pick up the slack for you?“

My residential unit in the camp greeted me with the words of a fellow prisoner finishing off her nine-year term. „The pigs are scared to touch you themselves. They want to do it with the hands of the inmates.“ In the colony, the inmates in charge of the brigades as well as their senior members are the ones tasked with depriving fellow inmates‘ rights, terrorising them, and turning them into speechless slaves – all on the orders of the administration.

For the maintenance of discipline and obedience, there is a widely implemented system of unofficial punishments. Prisoners are forced to „stay in the lokalka [a fenced-off passageway between two areas in the camp] until lights out“ (the prisoner is forbidden to go into the barracks – whether it be autumn or winter. In the second brigade, consisting of the disabled and elderly, there was a woman who ended up getting such bad frostbite after a day in the lokalka they had to amputate her fingers and one of her feet); „lose hygiene privileges“ (the prisoner is forbidden to wash themselves or use the bathroom); „lose commissary and tea-room privileges“ (the prisoner is forbidden to eat their own food, or drink beverages). It’s both funny and frightening when a 40-year-old woman tells you: „Looks like we’re being punished today! I wonder whether we’re going to be punished tomorrow, too.“ She can’t leave the sewing workshop to pee or get a piece of candy from her purse. It’s forbidden.

Thinking only of sleep and a sip of tea, the harassed and dirty prisoner becomes obedient putty in the hands of the administration, which sees us solely as free slave labor. Thus, in June 2013, my salary was 29 (29!) rubles [57p] for the month. Our brigade sews 150 police uniforms per day. Where does the money they get for them go?

The camp has been allocated funding to buy completely new equipment a number of times. However, the administration has limited itself to repainting the sewing machines with the hands of its labourers. We sew using physically and morally exhausted machinery. According to the labour code, when equipment does not correspond with current industry standards, quotas must be lowered in relation to typical trade conventions. But the quotas only rise, and suddenly and miraculously at that. „If you let them see that you can deliver 100 uniforms, they’ll raise the minimum to 120!“ say veteran machine-runners. And you can’t fail to deliver, either, or else your whole unit will be punished, the entire brigade. The punishment will be, for instance, that all of you will be forced to stand in the quad for hours. Without permission to use the bathroom. Without permission to take a sip of water.

Two weeks ago, the production quotas for all colony brigades was arbitrarily increased by 50 units. If previously the minimum had been 100 uniforms per day, now it is 150. According to the labour code, workers must be notified of a change in the production quota no less than two months before it is enforced. At PC-14, we just woke up one day to find we had a new quota because the idea happened to have popped into the heads of the administrators of our „sweatshop“ (that’s what the prisoners call the colony). The number of people in the brigade decreases (they are released or transferred), but the quota grows. As a result, those left behind have to work harder and harder. The mechanics say that they don’t have the parts necessary to repair the machinery and that they will not be getting them. „There are no parts! When will they come? Are you kidding? This is Russia. Why even ask that question?“ During my first few months in the work zone, I practically became a mechanic. I taught myself out of necessity. I threw myself at my machine, screwdriver in hand, desperate to fix it. Your hands are pierced with needle-marks and covered in scratches, your blood is all over the work table, but still, you keep sewing. You are a part of the assembly line, and you have to complete your task as well as the experienced sewers. Meanwhile, the damn machine keeps breaking down. Because you’re new and there’s a deficit, you end up with the worst equipment – the weakest motor on the line. And now it’s broken down again, and once again, you run to find the mechanic, who is impossible to find. They yell at you, they berate you for slowing down production. There are no sewing classes at the colony, either. Newbies are unceremoniously sat down in front of their machines and given their assignments.

„If you weren’t Tolokonnikova, you would have had the shit kicked out of you a long time ago,“ say fellow prisoners with close ties to the administration. It’s true: others are beaten up. For not being able to keep up. They hit them in the kidneys, in the face. Prisoners themselves deliver these beatings and not a single one of them is done without the approval and full knowledge of the administration. A year ago, before I came here, a gypsy woman in the third unit was beaten to death (the third is the pressure unit where they put prisoners that need to undergo daily beatings). She died in the medical unit of PC-14. The administration was able to cover it up: the official cause of death was a stroke. In another unit, new seamstresses who couldn’t keep up were undressed and forced to sew naked. No one dares complain to the administration because all they will do is smile and send the prisoner back into the unit, where the „snitch“ will be beaten on the orders of that same administration. For the colony administration, controlled hazing is a convenient method for forcing prisoners into total submission to their systemic abuse of human rights.

A threatening, anxious atmosphere pervades the work zone. Eternally sleep-deprived, overwhelmed by the endless race to fulfill inhumanly large quotas, prisoners are always on the verge of breaking down, screaming at each other, fighting over the smallest things. Just recently, a young woman got stabbed in the head with a pair of scissors because she didn’t turn in a pair of pants on time. Another tried to cut her own stomach open with a hacksaw. They stopped her.

Those who found themselves in PC-14 in 2010, the year of smoke and fire, said that while the wildfires were approaching the colony walls, prisoners continued to go to the work zone and fulfill their quotas. Due to the smoke, you couldn’t see two metres in front of you, but, covering their faces in wet handkerchiefs, they all went to work nonetheless. Because of the emergency conditions, prisoners weren’t taken to the cafeteria for meals. Several women told me that they were so horribly hungry they started writing diaries in order to document the horror of what was happening to them. When the fires were finally put out, camp security thoroughly rooted these diaries out so that none of them would make it to the outside.

The hygienic and residential conditions of the camp are calculated to make the prisoner feel like a filthy animal without any rights. Although there are „hygiene rooms“ in the dormitories, there is also „general hygiene room“ with a corrective and punitive purpose. This room has a capacity of five; however, all 800 colony prisoners are sent there to wash themselves. We do not have to wash ourselves in the hygiene rooms in our barracks – that would be too easy. In the „general hygiene room“, in the eternal press, women with little tubs attempt to wash their „nursemaids“ (as they call them in Mordovia) as fast as they can, heaped onto one another. We are allowed to wash our hair once a week. However, even this bathing day gets cancelled. A pump will break or the plumbing will be stopped up. At times, my unit was unable to bathe for two to three weeks.

When the plumbing breaks down, urine splashes and clumps of faeces fly out of the hygiene rooms. We’ve learned to unclog the pipes ourselves, but our successes are short-lived – they soon get stopped up again. The colony does not have a snake for cleaning out the pipes. We get to do laundry once a week. The laundry is a small room with three faucets pouring weak streams of cold water.

It must also be a corrective measure to only give prisoners stale bread, heavily watered-down milk, exclusively rusted millet and rotten potatoes. This summer, they brought in sacks of slimy, black potatoes in bulk. Then they fed them to us.

The living and working-condition violations at PC-14 are endless. However, my main and most important grievance is bigger than any one of these. It is that the colony administration prevents any complaints or claims regarding conditions at PC-14 from leaving colony walls by the harshest means available. The administration forces people to remain silent. It does not scorn stooping to the very lowest and cruelest means to this end. All of the other problems come from this one – the increased quotas, the 16-hour work day, and so on. The administration feels untouchable; it heedlessly oppresses prisoners with growing severity. I couldn’t understand why everyone kept silent until I found myself faced with the avalanche of obstacles that falls on the prisoner who decides to speak out. Complaints simply do not leave the prison. The only chance is to complain through a lawyer or relatives. The administration, petty and vengeful, will meanwhile use all of its mechanisms for putting pressure on the prisoner so she will see that her complaints will not help anyone, but only make thing worse. They use collective punishment: you complain there’s no hot water, and they turn it off entirely.

In May 2013, my lawyer Dmitry Dinze filed a complaint about the conditions at PC-14 with the prosecutor’s office. The deputy head of the colony, Lieutenant Colonel Kupriyanov, instantly made conditions at the camp unbearable. There was search after search, a flood of reports on all of my acquaintances, the seizure of warm clothes, and threats of seizure of warm footwear. At work, they get revenge with complicated sewing assignments, increased quotas, and fabricated malfunctions. The leaders of the unit next to mine, Lieutenant Colonel Kupriyanov’s right hands, openly requested that prisoners interfere with my work output so that I could be sent to the punishment cell for „damaging government property.“ They also ordered prisoners to provoke a fight with me.

It is possible to tolerate anything as long as it only affects you. But the method of collective punishment is bigger than that. It means that your unit, or even the entire colony, is required to endure your punishment along with you. This includes, worst of all, people you’ve come to care about. One of my friends was denied parole, for which she had been awaiting seven years, working hard to exceed her work quotas. She was reprimanded for drinking tea with me. That day, Lieutenant Colonel Kupriyanov transferred her to another unit. Another close acquaintance of mine, a very well-educated woman, was thrown into the „stress unit“ for daily beatings because she was reading and discussing a Justice Department document with me, entitled: „Regulations for the code of conduct at correctional facilities.“ They filed reports on everyone who talked to me. It hurt me that people I cared about were forced to suffer. Grinning, Lieutenant Colonel Kupriyanov told me then, „You probably don’t have any friends left!“ He explained that everything was happening because of Dinze’s complaint.

Now I see that I should have gone on hunger strike in May when I was first found myself in this situation. However, the tremendous pressure that the administration had put on my fellow prisoners due to my actions led me to stop the process of filing complaints about the conditions in the colony.

Three weeks ago, on 30 August, I asked Lieutenant Colonel Kupriyanov to grant the prisoners in my work brigade eight hours of sleep. We were discussing decreasing the workday from 16 to 12 hours. „Fine, starting Monday, the brigade will only work for eight hours at a time,“ he replied. I knew this was another trap because it is physically impossible to fulfill the increased quota in 8 hours. Thus, the brigade will not have time and subsequently face punishment. „If anyone finds out that you’re the one behind this, you’ll never complain again,“ the Lieutenant Colonel continued. „After all, there’s nothing to complain about in the afterlife.“ Kupriyanov paused. „And finally, never request things for other people. Only ask for things for yourself. I’ve been working in the camps for many years, and those who come to me asking for things for other people go directly from my office to the punishment cell. You’re the first person this won’t happen to.“

Over the course of the following weeks, life in my unit and work brigade became impossible. Prisoners with close ties to the administration began egging on the others to get revenge. „You’re forbidden to have tea and food, from taking bathroom breaks, and smoking for a week. Now you’re always going to be punished unless you start behaving differently with the newbies and especially with Tolokonnikova. Treat them like the old-timers used to treat you. Were you beaten? Of course you were. Did they rip your mouths? They did. Fuck them up. You won’t get punished.“

Over and over, they attempt to get me to fight one of them, but what’s the point of fighting with people who aren’t in charge of themselves, who are only acting on the orders of the administration?

Mordovian prisoners are afraid of their own shadows. They are completely terrified. If only yesterday they were well-disposed toward you and begging, „Do something about the 16 hour work day!“ after the administration started going after me, they’re afraid to even speak to me.

I turned to the administration with a proposal for dealing with the conflict. I asked that they release me from the pressure manufactured by them and enacted by the prisoners they control; that they abolish slave labour at the colony by cutting the length of the workday and decreasing the quotas so that they correspond with the law. The pressure has only increased. Therefore, beginning 23 September, I am going on hunger strike and refusing to participate in colony slave labor. I will do this until the administration starts obeying the law and stops treating incarcerated women like cattle ejected from the realm of justice for the purpose of stoking the production of the sewing industry; until they start treating us like humans.
Translation: Bela Shayevich of n+1 magazine
Quelle: http://www.theguardian.com/music/2013/sep/23/pussy-riot-hunger-strike-nadezhda-tolokonnikova?CMP=twt_gu

Русский
Утром 23 сентября участница Pussy Riot Надежда Толоконникова, отбывающая наказание в ИК-14 (поселок Парца, Мордовия), заявила о том, что начинает голодовку и отказывается от работы в швейном цехе колонии – в связи с массовым нарушением прав осужденных женщин на производстве. Одновременно Толоконникова подала обращение в Следственный комитет по поводу того, что ей угрожает убийством заместитель начальника колонии. «Лента.ру» публикует письмо Надежды Толоконниковой, в котором она объясняет, почему вступила в открытое противостояние с руководством исправительного учреждения.

В понедельник, 23 сентября, я объявляю голодовку. Это крайний метод, но я абсолютно уверена в том, что это единственно возможный выход для меня из сложившейся ситуации.

Администрация колонии отказывается меня слышать. Но от своих требований я отказываться не буду, я не буду молчаливо сидеть, безропотно взирая на то, как от рабских условий жизни в колонии падают с ног люди. Я требую соблюдения прав человека в колонии, требую соблюдения закона в мордовском лагере. Я требую относиться к нам как к людям, а не как к рабам.

Уже год прошел, как я приехала в ИК-14 в мордовском поселке Парца. Как говорят зэчки, «кто не сидел в Мордовии, тот не сидел вообще». О мордовских зонах мне начали рассказывать еще в СИЗО-6 в Москве. Самый жесткий режим, самый длинный рабочий день, самое вопиющее бесправие. На этап в Мордовию провожают как на казнь. До последнего надеются: «Может, все-таки ты не в Мордовию? Может, пронесет?» Меня не пронесло, и осенью 2012 года я приехала в лагерный край на берегу реки Парца.

Мордовия встретила меня словами замначальника колонии подполковника Куприянова, который фактически и командует нашей ИК-14: «И знайте: по политическим взглядам я – сталинист». Другой начальник (а колонией правят в тандеме) полковник Кулагин в первый же день вызвал меня на беседу, целью которой было вынудить меня признать вину. «У вас в жизни произошло горе. Ведь так? Вам дали два года колонии. А когда в жизни человека происходит горе, он обычно меняет свои взгляды. Вам нужно признать вину, чтобы уйти пораньше по УДО. А если не признаете – УДО не будет». Я сразу же заявила начальнику, что работать я собираюсь только положенные по Трудовому кодексу восемь часов в день. «Кодекс кодексом, но главное – выполнение норм выработки. Если вы не выполняете – остаетесь на продленный рабочий день. И вообще мы здесь еще и не таких ломали!» – ответил полковник Кулагин.

Вся моя бригада в швейном цехе работает по 16-17 часов в день. С 7.30 до 0.30. Сон – в лучшем случае часа четыре в день. Выходной случается раз в полтора месяца. Почти все воскресенья – рабочие. Осужденные пишут заявления на выход на работу в выходной с формулировкой «по собственному желанию». На деле, конечно, никакого желания нет. Но эти заявления пишутся в приказном порядке по требованию начальства и зэчек, транслирующих волю начальства.

Ослушаться (не написать заявление на выход на промзону в воскресенье, то есть не выйти на работу до часа ночи) никто не смеет. Женщина 50-ти лет попросилась выйти в жилзону не в 0.30, а в 20.00, чтобы лечь спать в 22.00 и хотя бы раз в неделю поспать восемь часов. Она плохо себя чувствовала, у нее высокое давление. В ответ было созвано отрядное собрание, где женщину отчитали, заплевали и унизили, заклеймили тунеядкой. «Тебе что, больше всех спать хочется? Да на тебе пахать надо, лошадь!» Когда кто-то из бригады не выходит на работу по освобождению врача, его тоже давят. «Я с температурой 40 шила, ничего страшного. А ты вот подумала, кто будет шить за тебя?!»

Мой жилой отряд в лагере меня встретил словами одной осужденной, досиживающей свою девятилетку: «Мусора тебя прессовать побоятся. Они хотят сделать это руками зэчек!» Режим в колонии действительно устроен так, что подавление воли человека, запугивание его, превращение в бессловесного раба осуществляется руками осужденных, занимающих посты мастеров бригад и старшин отрядов, получающих указания от начальников.

Для поддержания дисциплины и послушания широко используется система неформальных наказаний: «сидеть в локалке до отбоя» (запрет на вход в барак – осень, зима ли; во 2-м отряде, отряде инвалидов и пенсионеров, живет женщина, которая за день сидения в локалке отморозила себе руки и ноги так, что пришлось ампутировать одну ногу и пальцы рук), «закрыть гигиену» (запрет подмыться и сходить в туалет), «закрыть пищевую каптерку и чайхану» (запрет есть собственную еду, пить напитки). И смешно, и страшно, когда взрослая женщина лет сорока говорит: «Так, сегодня мы наказаны! Вот интересно, а завтра нас тоже накажут?» Ей нельзя выйти из цеха пописать, нельзя взять конфету из своей сумки. Запрещено.

Мечтающая только о сне и глотке чая, измученная, задерганная, грязная, осужденная становится послушным материалом в руках администрации, рассматривающей нас исключительно в качестве бесплатной рабсилы. Так, в июне 2013 года моя зарплата составила 29 (двадцать девять!) рублей. При этом в день бригада отшивает 150 полицейских костюмов. Куда идут деньги, полученные за них?
На полную замену оборудования лагерю несколько раз выделяли деньги. Однако начальство лишь перекрашивало швейные машины руками осужденных. Мы шьем на морально и физически устаревшем оборудовании. Согласно Трудовому кодексу, в случае несоответствия уровня оборудования современным промышленным стандартам нормы выработки должны быть снижены по сравнению с типовыми отраслевыми нормами. Но нормы лишь увеличиваются. Скачкообразно и внезапно. «Покажешь им, что можешь дать 100 костюмов, так они повысят базу до 120!» – говорят бывалые мотористки. А не давать ты не можешь – иначе будет наказан весь отряд, вся бригада. Наказан, например, многочасовым коллективным стоянием на плацу. Без права посещения туалета. Без права сделать глоток воды.

Две недели назад норма выработки для всех бригад колонии была произвольно повышена на 50 единиц. И если до этого база составляла 100 костюмов в день, то сейчас она равна 150 полицейским костюмам. По Трудовому кодексу об изменении нормы выработки работники должны быть извещены не позднее чем за два месяца. В ИК-14 мы просто просыпаемся в один прекрасный день с новой нормой, потому что так вздумалось начальству нашей «потогонки» (так называют колонию осужденные). Количество людей в бригаде уменьшается (освобождаются или уезжают), а норма растет – соответственно, оставшимся работать приходится все больше и больше. Механики говорят, что нужных для ремонта оборудования деталей нет и не будет: «Нет деталей! Когда будут? Ты что, не в России живешь, чтобы такие вопросы задавать?» За первые месяцы на промзоне я практически освоила профессию механика. Вынужденно и самостоятельно. Бросалась на машину с отверткой в руках в отчаянной надежде ее починить. Руки пробиты иглами и поцарапаны, кровь размазывается по столу, но ты все равно пытаешься шить. Потому что ты – часть конвейерного производства, и тебе необходимо наравне с опытными швеями выполнять свою операцию. А чертова машина ломается и ломается. Потому что ты – новенький, и в лагерных условиях нехватки качественного оборудования тебе, естественно, достается самый никчемный из моторов на ленте. И вот мотор опять сломался – и ты снова бежишь искать механика (которого невозможно найти). А на тебя кричат, тебя понукают за то, что ты срываешь план. Курса обучения швейному мастерству в колонии не предусмотрено. Новеньких сразу же сажают за машинку и дают операцию.

«Если бы ты не была Толоконниковой, тебя бы уже давно *********» – говорят приближенные начальникам зэчки. Так и есть, других бьют. За неуспеваемость. По почкам, по лицу. Бьют сами осужденные, и ни одно избиение в женском лагере не происходит без одобрения и ведома администрации. Год назад, до моего приезда, до смерти забили цыганку в 3-м отряде (3-й отряд – пресс-отряд, туда помещают тех, кого нужно подвергать ежедневным избиениям). Она умерла в санчасти ИК-14. Факт смерти от избиений администрации удалось скрыть: причиной указали инсульт. В другом отряде неуспевающих новеньких швей раздевали и голыми заставляли шить. С жалобой к администрации никто обратиться не смеет, потому что администрация улыбнется в ответ и отпустит обратно в отряд, где «стукачку» изобьют по приказу той же администрации. Начальству колонии удобна контролируемая дедовщина как способ заставить осужденных тотально подчиняться режиму бесправия.

На промзоне царит угрожающе нервная атмосфера. Вечно невысыпающиеся и измученные бесконечной погоней за выполнением нечеловечески огромной нормы выработки зэчки готовы сорваться, орать в голос, драться из-за ничтожнейшего повода. Совсем недавно юной девушке пробили ножницами голову из-за того, что она вовремя не отдала брюки. Другая на днях пыталась себе проткнуть ножовкой живот. Ее остановили.

Заставшие в ИК-14 2010-й, год пожаров и дыма, рассказывали о том, что в то время как пожар подбирался к стенам колонии, осужденные продолжали выходить на промзону и давать норму. Человека было плохо видно в двух метрах из-за дыма, но, повязав на лица мокрые платки, они шили. В столовую на обед из-за чрезвычайного положения не выводили. Несколько женщин рассказывали, как они, чудовищно голодные, вели в то время дневники, где старались фиксировать ужас происходящего. Когда пожары закончились, отдел безопасности колонии эти дневники старательно отшмонал, чтобы ничего не просочилось на свободу.

Санитарно-бытовые условия колонии устроены так, чтобы зэк чувствовал себя бесправным грязным животным. И хотя в отрядах есть комнаты гигиены, в воспитательно-карательных целях в колонии создана единая «общая гигиена», то есть комната вместимостью в пять человек, куда со всей колонии (800 человек) должны приходить, чтобы подмыться. Подмываться в комнатах гигиены, устроенных в наших бараках, мы не должны, это было бы слишком удобно. В «общей гигиене» – неизменная давка, и девки с тазиками пытаются поскорее подмыть «свою кормилицу» (как говорят в Мордовии), взгромоздившись друг другу на головы. Правом помыть голову мы пользуемся один раз в неделю. Однако и этот банный день время от времени отменяется. Причина – поломка насоса или затор в канализации. Иногда по две или три недели отряд не мог помыться.

Когда забивается канализация, из комнат гигиены хлещет моча и летит гроздьями кал. Мы научились самостоятельно прочищать трубы, но хватает ненадолго – она опять засоряется. А троса для прочистки у колонии нет. Стирка – раз в неделю. Прачка выглядит как небольшая комната с тремя кранами, из которых тонкой струей льется холодная вода.

Из воспитательных же видимо целей осужденным всегда дается только черствый хлеб, щедро разбавленное водой молоко, исключительно прогоркшее пшено и только тухлый картофель. Этим летом в колонию оптом завозили мешки склизких черных картофельных клубней. Чем нас и кормили.

О бытовых и промышленных нарушениях в ИК-14 можно говорить бесконечно. Но главная, основная моя претензия к колонии лежит в другой плоскости. Она в том, что администрация колонии самым жестким образом препятствует тому, чтобы хоть какие-либо жалобы и заявления, касающиеся ИК-14, выходили за ее стены. Основная моя претензия к начальству – то, что они заставляют людей молчать. Не гнушаясь самыми низкими и подлыми методами. Из этой проблемы вытекают все остальные – завышенная база, 16-тичасовой рабочий день и т.п. Начальство чувствует себя безнаказанным и смело угнетает заключенных все больше и больше. Я не могла понять причин, по которым все молчат, пока сама не столкнулась с той горой препятствий, которая валится на решившего действовать зэка. Жалобы из колонии просто не уходят. Единственный шанс – обратиться с жалобой через родственников или адвоката. Администрация же, мелочно-мстительная, использует все механизмы давления на осужденного, чтобы тот понял: лучше от его жалоб никому не будет, а будет только хуже. Используется метод коллективного наказания – ты нажаловался, что нет горячей воды – ее выключают вовсе.

В мае 2013 мой адвокат Дмитрий Динзе обратился в прокуратуру с жалобой на условия в ИК-14. Замначальника лагеря подполковник Куприянов мигом установил в колонии невыносимые условия. Обыск за обыском, вал рапортов на всех моих знакомых, изъятие теплой одежды и угроза изъятия теплой обуви. На производстве мстят сложными в пошиве операциями, повышением нормы выработки и искусственно создаваемым браком. Старшина смежного с моими отрядом, правая рука подполковника Куприянова, открыто подговаривала осужденных порезать продукцию, за которую я отвечала на промзоне, чтобы за порчу «государственного имущества» был повод отправить меня в ШИЗО. Она же приказывала осужденным своего отряда спровоцировать драку со мной.

Все можно перетерпеть. Все, что касается только тебя. Но коллективный колонийский метод воспитания означает другое. Вместе с тобой терпит твой отряд, вся колония. И, что самое подлое, те люди, которые успели стать тебе дороги. Одну мою подругу лишили УДО, к которому она шла семь лет, старательно перевыполняя на промке норму. Ей дали взыскание за то, что она пила со мной чай. В тот же день подполковник Куприянов перевел ее в другой отряд. Другую мою хорошую знакомую, женщину очень интеллигентную, перекинули в пресс-отряд для ежедневных избиений за то, что она читала и обсуждала со мной документ Минюста под названием «Правила внутреннего распорядка исправительных учреждений». На всех тех, кто имел общение со мной, были составлены рапорта. Мне было больно оттого, что страдают близкие мне люди. Подполковник Куприянов, усмехаясь, сказал мне тогда: «Наверняка у тебя уже совсем нет друзей!» И пояснил, что все происходящее – из-за жалоб адвоката Динзе.

Сейчас я понимаю, что мне стоило объявить голодовку еще в мае, еще в той ситуации, но видя чудовищный пресс, который включили в отношении других осужденных, я приостановила процесс жалоб на колонию.

Три недели назад, 30 августа, я обратилась к подполковнику Куприянову с просьбой обеспечить всем осужденным в бригаде, в которой я работаю, восьмичасовой сон. Речь шла о том, чтобы сократить рабочий день с 16 часов до 12 часов. «Хорошо, с понедельника бригада будет работать даже восемь часов», – ответил он. Я знаю – это очередная ловушка, потому что за восемь часов нашу завышенную норму отшить физически невозможно. Следовательно, бригада будет не успевать и будет наказана. «И если они узнают, что это произошло из-за тебя, – продолжил подполковник, – то плохо тебе уже точно никогда не будет, потому что на том свете плохо не бывает». Подполковник сделал паузу. «И еще – ты никогда не проси за всех. Проси только за себя. Я много лет работаю в лагерях, и всегда тот, кто приходил ко мне просить за других, отправлялся из моего кабинета прямо в ШИЗО. А ты первая, с кем этого сейчас не случится».

В следующие несколько недель в отряде и на промке была создана невыносимая обстановка. Близкие начальству осужденные стали подстрекать отряд на расправу: «Вы наказаны на потребление чая и пищи, на перерывы на туалет и курение на неделю. И вы теперь всегда будете наказаны, если не начнете вести себя по-другому с новенькими и особенно с Толоконниковой – так, как вели себя старосиды с вами в свое время. Вас били? Били. Рвали вам рты? Рвали. Дайте и им *****. Вам ничего за это не будет».

Меня раз за разом провоцировали на конфликт и драку, но какой смысл конфликтовать с теми, кто не имеет своей воли и действует по велению администрации?

Мордовские осужденные боятся собственной тени. Они совсем запуганы. И если еще вчера все они были к тебе расположены и упрашивали – «сделай хоть что-то с 16-тичасовой промкой!», то после того как на меня обрушивается пресс начальства, все они боятся даже разговаривать со мной.

Я обращалась к администрации с предложением уладить конфликт, избавив меня от искусственно созданного начальниками давления подконтрольных им зэчек, а колонию – от рабского труда, сократив рабочий день и приведя в соответствие с законом норму, которую должны отшивать женщины. Но в ответ давление лишь усилилось. Поэтому с 23 сентября я объявляю голодовку и отказываюсь участвовать в рабском труде в лагере, пока начальство колонии не начнет исполнять законы и относиться к осужденным женщинам не как к выброшенному из правового поля скоту для нужд швейного производства, а как к людям.

Надежда Толоконникова
Quelle: http://lenta.ru/articles/2013/09/23/tolokonnikova/